Initiative: Apfelanbau ohne Pflanzenschutz

Auf einer gepachteten Fläche zwischen Ermschwerd und Stiedenroden haben Hans Joachim Bannier, Robert Görlitz und Niklas Richelshagen im Frühjahr 2020 eine Demonstrationpflanzung für den „Apfelanbau ohne intensiven Pflanzenschutz unter schwerpunktmäßiger Verwendung traditioneller und robuster Sorten“ angelegt. Bei der dort aufgepflanzten, rund 1,3 Hektar großen Apfelplantage handelt es sich nicht um eine Pflanzung mit den üblichen Apfelsorten des heutigen Handels, sondern um eine Pflanzung von rund 40 verschiedenen robusten – überwiegend traditionellen „alten“, aber auch einigen „modernen“ – Apfelsorten. Mit der Pflanzung wollen die Drei demonstrieren, dass bei Verwendung robuster Apfelsorten ein Apfelanbau für die Direktvermarktung auch ohne den heute üblichen hohen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln möglich ist.

Gleichzeitig wird mit der Verwendung traditioneller Sorten auch gezeigt, welche Geschmacksvielfalt es bei Äpfeln gibt – jenseits von ‚Jonagold‘, ‚Elstar‘, ‚Gala‘ und ‚Braeburn‘. Denn der Umstand, dass die heutigen Marktsorten züchterisch fast alle Kinder des ‚Golden Delicious‘ sind, hat die geschmackliche Bandbreite der Apfelsorten in den Supermärkten erheblich schrumpfen lassen.

Der Obstanbau gehört heute zu den Kulturen mit den höchsten Einträgen von chemischen Pflanzenschutzmitteln pro Hektar. Einer der Gründe ist die hohe Anfälligkeit der heutigen Marktsorten für diverse Pilzkrankheiten und Schädlinge. Der ökologische (Intensiv-) Obstbau, der – unter dem „Diktat des Marktes“ (bzw. des Großhandels) – heute überwiegend dieselben Sorten anbaut wie der konventionelle Obstanbau, versucht die daraus erwachsenden Probleme durch regelmäßige prophylaktische Schwefel- und Kupferbehandlungen zu lösen. Darauf wird in dieser Anlage verzichtet.

Das bedeutet nicht, dass „keinerlei“ Pflanzenschutzmaßnahmen durchgeführt werden. Eine konsequente – biologische – Eindämmung der Maden des Apfelwicklers wird für einen wirtschaftlich tragfähigen Apfelanbau unumgänglich sein, ebenso – nur bei Bedarf – biologische Maßnahmen gegen die Raupen des Frostspanners. Durch den Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel sowie auch auf Schwefel- und Kupferspritzungen werden sich auf der anderen Seite mit der Zeit erheblich mehr Nützlinge einfinden als in den Apfelplantagen des Intensiv-Obstbaus, weshalb davon auszugehen ist, dass mittelfristig keine Maßnahmen z.B. gegen Blattläuse erforderlich sein werden.

Lehrpfad zur Geschichte der Apfelsorten von 1200 bis heute

Wie ist es dazu gekommen, dass im modernen Obstanbau nur noch Apfelsorten angebaut werden, die ohne intensiven Pflanzenschutz nicht gedeihen? Um die Antwort auf diese Frage geht es bei unserem Lehrpfad der Geschichte der Apfelsorten, der mit zwei Reihen in unsere Apfelpflanzung integriert ist. Sobald die Plantage in den Ertrag kommt, werden hier auch Führungen angeboten, auf denen Sie die Apfelsorten vom Mittelalter bis zu den Ergebnissen der neuesten Züchtung durchlaufen und probieren können. Ein solcher Lehrpfad ist in Deutschland bisher einmalig.

Streuobstwiese – naturverträglicher Obstanbau früherer Zeiten

Bis etwa 1950 fand Obstanbau in Deutschland noch überwiegend auf hochstämmigen Bäumen statt, oft im Nebenerwerb und in eher extensiver Bewirtschaftung. Erst danach wurden die hochstämmigen Obstwiesen allmählich verdrängt durch Buschobstplantagen mit kurzen Umtriebszeiten, auf denen moderne, jedoch krankheitsanfällige Sorten wie ‚Golden Delicious‘, ‚Jonathan‘ und ‚Cox Orange‘ Einzug hielten, unter hohem Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel. In den 1970er Jahren gab man sogar noch staatliche Zuschüsse zum Roden der alten Bäume und mit ihnen der traditionellen Sorten, um die neuen Intensivobstbetriebe von der Konkurrenz der alten Streuobstbestände zu befreien. Erst später in den 1980er Jahren rückte der hohe Wert der Streuobstwiesen für den Naturschutz und die Biodiversität ins öffentliche Blickfeld.

Auf der zur Werra hin gelegenen Seite der Apfelplantage ist eine hochstämmige Obstwiese angelegt, deren Obstnutzung das Gesamtkonzept zur Inwertsetzung weiterer traditioneller Apfelsorten, Obstanbausysteme sowie der Vielfalt des Apfelgeschmacks ergänzen soll.

Privatinitiative als Träger der Pflanzung

Die Obstpflanzung ist in privater Initiative gepflanzt und finanziert, zu der sich die Drei als GbR gefunden haben. Der Betrieb ist in Umstellung zum zertifiziert ökologischen Landbau sowie Mitglied der ökologischen Züchtungs-Initiative apfel:gut e.V.

Flächen gesucht!

Für die Anpflanzung von robusten, heute in Vergessenheit geratene Birnen- und Steinobstsorten ist die GbR stets auf der Suche nach weiteren geeigneten Flächen. Wenn Sie die Ziele unterstützenswert finden, informieren Sie uns gern, falls Sie im Raum Witzenhausen/Göttingen Flächen zu verkaufen oder langfristig zu verpachten haben.

Kontaktieren Sie uns gern über unserer E-mail-Adresse: apfelvielfalt@posteo.de

Hans-Joachim Bannier, Robert Görlitz, Niklas Richelshagen

Bilder aus dem Projekt finden Sie hier.

Presseartikel

https://www.hr-fernsehen.de/sendungen-a-z/alle-wetter/sendungen/alle-wetter-umweltlotterie-genau-hitzewarnung-sonnenstich,sendung-96984.html

https://www.hna.de/lokales/witzenhausen/witzenhausen-ort44473/in-ermschwerd-entsteht-eine-apfelplantage-13735134.html

saftique

Das Witzenhäuser Saftmobil
Ihr Saft aus Ihren Äpfeln bei Ihnen vor Ort!